Unfallversicherungsschutz greift auch beim Homeschooling
Während der Pandemie hatten Schulen zeitweise geschlossen. Die Schüler nahmen mittels Videotechnik von zu Hause aus am Unterricht teil. Während dieses sogenannten »Homeschooling« wollte sich eine 13-jährige Schülerin ein Buch holen, um eine Aufgabe zu bearbeiten. Dabei stürzte sie und verletzte sich schwer im Gesicht.
Die gesetzliche Unfallversicherung lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Grundsätzlich seien Schüler beim Besuch des Unterrichts unfallversichert. Es bestehe aber kein Versicherungsschutz bei sogenannter »Stillarbeit«. Dabei werden Aufgaben selbstständig zu Hause ohne Beaufsichtigung und Anleitung durch die Schule durchgeführt. Da hier im Unfallzeitpunkt die Kameras und Mikrofone der Schüler abgeschaltet waren, habe der Unterricht ohne aktive Überwachung und Anleitung durch die Lehrkraft stattgefunden.
Das Sozialgericht München widersprach dieser Einschätzung: Wer aufsteht und ein Buch holt, übt eine Tätigkeit aus, die in einem engen Zusammenhang mit dem Unterricht steht. Das gilt unabhängig davon, ob in Präsenz oder im Homeschooling unterrichtet wird. Der Versicherungsschutz wird dadurch nicht unterbrochen.
Es kommt nicht darauf an, ob Kameras und Mikrofone ausgeschaltet sind. Entscheidend ist die Möglichkeit der Lehrkraft, jederzeit mit den Schülern in Kontakt treten und Anweisungen geben zu können.
Zu beachten ist weiter: Mit der Änderung der gesetzlichen Vorschriften zur Unfallversicherung hat der Gesetzgeber mittlerweile klargestellt, dass auch die Arbeit im Homeoffice in gleicher Weise versichert sei wie die Arbeit im Betrieb. Aus diesem Grund ist auch der Unfall der Schülerin als Arbeitsunfall anzuerkennen.
SG München, Urteil vom 22.5.2023, S 9 U 158/22; n. rk.