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Schüler muss nicht wegen Verhalten seines Vaters die Schule wechseln

Arbeitnehmer & Auszubildende 13. Januar 2021
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pressmaster / stock.adobe.com

Ein Schüler, dessen Verhalten und Leistung völlig untadelig ist, kann nicht wegen der Pöbeleien seines Vaters gegenüber der Schulleitung an eine andere Schule verwiesen werden: Der Junge haftet nicht für die Handlung seines Vaters.

Ein 15-jähriger Schüler aus Berlin wurde von der Schulbehörde für das Verhalten seines Vaters haftbar gemacht und an eine andere Bildungseinrichtung verwiesen. Es gab über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren erhebliche Konflikte zwischen dem Vater und der Schulleitung bzw. den Lehrkräften.

Der Vater stellte in der Zeit zahlreiche Dienstaufsichtsbeschwerden, Petitionen, Befangenheitsanträge und Strafanzeigen. Er erscheint vor der Schule, sprach mit Schülern und Lehrkräften, die er auch filmte. Er veröffentlichte die Videos auf seiner Facebook-Seite. Ein Großteil des Schulkollegiums fühlte sich von dem Mann bedroht. Zwei Klassenlehrerinnen und die Schulleiterin waren zwischenzeitlich dienstunfähig erkrankt.

Der Schüler selbst verhielt sich völlig untadelig und weist nach dem Zeugnis des Schuljahres 2019/2020 durchgängig gute bis sehr gute Leistungen auf. Er war lern- und leistungsbereit. Er wurde in den Kategorien »Arbeitshaltung«, »Zuverlässigkeit«, »Selbstständigkeit«, »Verantwortungsbereitschaft«, »Teamfähigkeit und Verhalten« mit »sehr ausgeprägt« bewertet.

Die Schulbehörde überwies den Schüler im Oktober 2020 an eine andere Schule desselben Bildungsgangs unter Berufung auf den Streit zwischen Vater und Schulleitung. Begründung: Der Schulfrieden sei nachhaltig gestört. Den Schulwechsel wollte der Schüler nicht akzeptieren und klagte.

Das Verwaltungsgericht Berlin gab ihm recht. Die Anordnung des Schulwechsels ist unrechtmäßig. Es fehlt an der notwendigen Rechtsgrundlage. Die gesetzlichen Voraussetzungen des Zwangswechsels sehen vor, dass ein Schüler selbst die ordnungsgemäße Bildungsarbeit in der Schule stört oder andere Beteiligte gefährdet. Das Verhalten Dritter (hier: des Vaters) spielt dabei keine Rolle. Folge: Der Sohn muss sich die Handlungen seines Vaters nicht zurechnen lassen.

Das Gericht stellte weiter fest: Sonstige Rechtsgrundlagen für einen Schulverweis sind nicht einschlägig. Gegebenenfalls sind aber Maßnahmen gegenüber dem Vater selbst zu prüfen.

VG Berlin, Beschluss vom 23.11.2020, VG 3 L 612/20; n. rk.