Kirchenaustritt eines Kochs in evangelischer Kindertagesstätte rechtfertigt keine Kündigung
Ein Koch war seit 1995 in einer Kita der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde Stuttgart beschäftig. Im Juni 2019 hatte er den Austritt aus der evangelischen Landeskirche erklärt. Kurz darauf kündigte ihm die Gemeinde das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Kirche sehe ihr Handeln und Verständnis vom besonderen Bild der christlichen Dienstgemeinschaft geprägt. Mit dem Kirchenaustritt verstoße der Koch schwerwiegend gegen seine vertraglichen Loyalitätspflichten.
Der Koch erhob Kündigungsschutzklage. Er entgegnete, er habe nur bei der Getränkeausgabe mit den Kindern Kontakt gehabt. Das pädagogische Personal habe er nur alle zwei Wochen getroffen, wenn in der Teamsitzung Organisatorisches besprochen wurde.
Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gab dem Mitarbeiter recht. Kündigungsbegründung überzeugt nicht, sie geht von einer überzogenen Loyalitätserwartung aus. Die Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche stellt keine wesentliche und berechtigte Anforderung an die persönliche Eignung des Kochs dar. Ein Kirchenaustritt ändert nichts an der persönlichen Eignung des Mannes als Koch.
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.2.2020, 4 Sa 27/20
Anmerkung der Redaktion:
Diese Entscheidung ist vor dem Hintergrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu sehen. Der EuGH entschied im sogenannten »Chefarzt-Fall«, dass eine Kündigung wegen der Religion nur dann rechtmäßig ist, wenn die Religion im Hinblick auf die Art der betreffenden Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt. Hier gingen die medizinischen Fähigkeiten des Arztes der Einhaltung des Ehesakraments vor. Die Kündigung wegen Wiederheirat war unwirksam (EuGH, Urteil vom 11.9.2018, C-68/17).