Keine besseren Arbeitsschichten für Alleinerziehende
Eine Alleinerziehende bekam Zwillinge. Die als Bäckereifachverkäuferin beschäftigte Frau wollte nach der Geburt ihre Arbeitszeit von 40 auf 35 Wochenstunden reduzieren. In ihrem Teilzeitantrag forderte sie zugleich bestimmte Arbeitszeiten (z.B. statt der bisherigen Samstags- und Sonntagsschichten wollte sie nur noch montags bis freitags sowie zwischen 7.40 Uhr und 16.40 Uhr arbeiten). Anders könne sie Berufstätigkeit und Kinderbetreuung nicht miteinander vereinbaren.
Der Arbeitgeber stimmte der Arbeitszeitverkürzung zu. Die Beschränkung auf den Einsatz zu den gewünschten Zeiten aber lehnte er ab. Er berief sich unter anderem darauf, dass auch andere Beschäftigte kleine, betreuungsbedürftige Kinder hätten. Die Frau klagte vor dem Arbeitsgericht auf die gewünschten Arbeitszeiten.
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern stellte fest: Die Arbeitnehmerin hat Anspruch darauf, ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zu reduzieren. Ihre Wunscharbeitszeiten darf der Arbeitgeber aus betrieblichen Gründen ablehnen. Das ist der Fall, wenn die Lage der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.
Mit Blick auf die Öffnungszeiten der Bäckereifilialen lassen sich die Wunscharbeitszeiten der Frau nicht umsetzen. Das bisherige Schichtmodell, das alle Mitarbeiterinnen durch einen regelmäßigen Wechsel gleichmäßig belastet, kommt dann nicht mehr zum Tragen. Der Arbeitgeber wäre gezwungen, die Schichtpläne ganz neu zu organisieren. Es würden dann gegebenenfalls andere Arbeitnehmer in gleicher Situation benachteiligt (z.B. durch ungünstigere Schichten).
Werden die Arbeitszeiten von Beschäftigten mit Kindern festgelegt, müssen Arbeitgeber grundsätzlich auch Rücksicht auf die Kinderbetreuung nehmen. Aber Kinderbetreuung begründet keinen Anspruch auf günstige Arbeitszeiten.
Alleinerziehende brauchen nicht bevorzugt werden. Der Arbeitgeber muss nur die ohne weiteres nachvollziehbaren persönlichen Umstände der Beschäftigten bei der Arbeitsorganisation berücksichtigen. Er muss nicht die familiären Verhältnisse im Einzelfall näher ausloten (z.B. ist er nicht verpflichtet zu prüfen, ob es zumutbare andere Möglichkeiten der Kinderbetreuung durch Verwandte oder Tagesmütter gibt). Die Mitarbeiterin muss – wie alle anderen berufstätigen Mütter – die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit selbst organisieren. Das ist schwierig, aber nicht ausgeschlossen.
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13.7.2023, 5 Sa 139/22; n. rk.