Direkt zum Inhalt

Ist die Rücknahme einer Eigenkündigung möglich?

Arbeitnehmer & Auszubildende 22. September 2023
Image

Wellnhofer Designs / stock.adobe.com

Kündigt ein Arbeitnehmer und nimmt seine Kündigung später zurück, besteht das Arbeitsverhältnis nicht automatisch fort. Vielmehr bedarf ein neues Angebot zu gleichen Bedingungen zumindest der konkludenten Annahme durch den Arbeitgeber.

Ein Arbeitnehmer war in einem Betrieb über 20 Jahre als Einrichter und stellvertretender Meister beschäftigt, zuletzt in der Funktion eines Schichtmeisters. Anfang April 2023 kündigte er sein Arbeitsverhältnis schriftlich »fristgemäß und zum nächstmöglichen Zeitpunkt unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Frist«. Zehn Tage später bereute er seine Entscheidung und schickte eine E-Mail an die Personalabteilung. Er versuchte, seine Kündigung zurückzunehmen.

Diese Nachricht blieb unbeantwortet, wie auch eine weitere Rückfrage per E-Mail. Der Arbeitgeber ließ die Frage, ob er die Rücknahme der Kündigung akzeptiere, unbeantwortet. Folglich arbeitete der Mann aufgrund seiner mehrmonatigen Kündigungsfrist erst einmal weiter als Schichtmeister.

Anlässlich eines Personalgesprächs im November 2021 wurde ihm mitgeteilt, das Arbeitsverhältnis ende mit Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist. Der Arbeitnehmer gab daraufhin seine Arbeitsmittel ab, nahm seinen Resturlaub und klagte auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen. Sein Arbeitgeber habe das Angebot zur Kündigungsrücknahme zwar nicht ausdrücklich, aber konkludent angenommen, indem er ihn weiterbeschäftigt habe.

Das Landesarbeitsgericht Thüringen entschied, die Eigenkündigung des Arbeitnehmers war wirksam. Das ursprüngliche Arbeitsverhältnis wurde fristgemäß beendet.

Die Rücknahme der Kündigung als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung durch den Kläger allein ist nicht möglich. Ein Anspruch auf Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme des Arbeitsverhältnisses bedarf einer (neuen) Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Diese gab es im vorliegenden Fall weder ausdrücklich noch konkludent.

Der Arbeitgeber hat auf die ausdrücklichen Nachfragen nicht reagiert. Er muss die Rücknahme auch nicht akzeptieren.

Eine konkludente Annahme liegt ebenso wenig vor. Diese beurteilt sich danach, ob für einen unbeteiligten, objektiven Dritten im Verhalten des Arbeitgebers aufgrund aller äußeren Indizien ein wirklicher Wille erkennbar ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Dies verneinte das Gericht im vorliegenden Fall.

LAG Thüringen, Urteil vom 17.1.2023 , 5 Sa 243/22