Gibt es einen Ausgleich für nicht verbrauchten Urlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Ein Beamter der Stadt Wien war auf seinen Antrag in den Ruhestand versetzt worden. Zuvor war er aufgrund einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber für rund eineinhalb Jahre vom Dienst freigestellt worden – erhielt jedoch in dieser Zeit seine Bezüge weiter.
Unmittelbar vor Eintritt in den Ruhestand erkrankte er und konnte deshalb den Urlaub der Freistellungsphase nicht mehr nehmen. Der Mann machte Urlaubsabgeltung für den nicht genommenen Urlaub geltend.
Der Arbeitgeber wies den Anspruch mit Hinweis auf das österreichische Recht zurück. Wer auf eigenen Wunsch in Ruhestand geht – also im Ergebnis das Arbeitsverhältnis auf eigenen Wunsch beendet –, hat keinen Anspruch auf eine solche Vergütung.
Das zuständige österreichische Gericht hatte Zweifel an dieser Rechtsauffassung und legte die Sache dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vor.
Der EuGH führte aus, dass nach EU-Recht jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen hat, der ihm unabhängig von seinem Gesundheitszustand gewährt wird.
Anspruch auf finanzielle Vergütung
Wird das Arbeitsverhältnis beendet und kann deshalb bezahlter Jahresurlaub ganz oder teilweise nicht mehr genommen werden, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine finanzielle Vergütung. Dies gilt unabhängig vom Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – und auch für den Fall, dass ein Arbeitnehmer von sich aus das Arbeitsverhältnis beendet.
Allerdings besteht in diesem Fall eine Besonderheit. Geht dem Ende des Arbeitsverhältnisses eine vereinbarte bezahlte Freistellung voran, hat der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Vergütung für den während dieses Zeitraums nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub. Ausnahme: Er konnte den Urlaub wegen Krankheit nicht nehmen.
Im Ergebnis müssen die Richter des österreichischen Gerichts nun nochmals prüfen, ob und wann der Mann den Urlaub aus Krankheitsgründen nicht antreten konnte.
EuGH, Urteil vom 20. 7. 2016, C-341/15