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Fristlose Kündigung eines Arbeitnehmers wegen rassistischer Beleidigung

Arbeitnehmer & Auszubildende 11. Januar 2021
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motortion / stock.adobe.com

Die fristlose Kündigung eines Mitarbeiters wegen Affenlauten in Richtung eines dunkelhäutigen Kollegen ist zulässig. Eine menschenverachtende Diskriminierung lässt sich nicht unter Berufung auf die Meinungsfreiheit rechtfertigen.

Ein Betriebsratsmitglied rief während einer nichtöffentlichen Betriebsratssitzung im Streit über ein EDV-Problem einem dunkelhäutigen Kollegen die Worte »Ugah, Ugah!« zu. Der Kollege bezeichnete ihm im Gegenzug »Stricher«. Die rassistische Beleidigung war jedoch keine unmittelbare Reaktion darauf.

Der Mann war zuvor bereits wegen rassistischer Äußerungen aufgefallen und mehrfach erfolglos abgemahnt worden. So sprach der Arbeitgeber wegen dieses Vorfalls eine fristlose Kündigung aus.

Der Mitarbeiter erhob Kündigungsschutzklage. Doch die hatte vor den Arbeitsgerichten keinen Erfolg. Die grobe Beleidigung von Arbeitskollegen stellt eine erhebliche Pflichtverletzung dar, die als wichtiger Grund eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Die Weiterbeschäftigung des Mannes ist nach der wiederholten, erfolglosen Abmahnung unzumutbar. Diese führten zu keiner Verhaltensänderung. Der Arbeitgeber muss im Rahmen seiner Fürsorgepflicht die übrigen Mitarbeiter vor Diskriminierungen schützen.

Der unterlegene Arbeitnehmer zog er weiter vor das Bundesverfassungsgericht. Dort rügte er mit einer Verfassungsbeschwerde, dass die Arbeitsgerichte sein Recht auf Meinungsfreiheit verletzt hätten, indem sie die Kündigung für rechtmäßig erachteten. Man dürfe ihm keine rassistische Einstellung vorwerfen. Seine Grundrechte seien bei der Abwägung mit dem Kündigungsinteresse des Arbeitgebers nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an. Das Gericht hielt sie für unzulässig. Es konnte nicht erkennen, dass der Mann durch die arbeitsgerichtlichen Urteile in seiner Meinungsfreiheit verletzt wurde (Art. 5 Abs. 1 GG). Die Arbeitsgerichte haben die menschenverachtende Diskriminierung ausführlich begründet.

Wer einen dunkelhäutigen Arbeitskollegen bewusst mit nachgeahmten Affenlauten anspricht, begeht eine menschenverachtende Beleidigung. Er verletzt damit dessen Menschenwürde. Denn die Person wird als Affe und nicht als Mensch angesprochen. Damit wird das Gleichheitsrecht, das die Unzulässigkeit einer Ungleichbehandlung wegen der Rasse vorsieht, verletzt (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG). Dieser Eingriff kann nicht durch die Meinungsfreiheit gerechtfertigt werden.

Es gilt der Grundsatz in der Rechtsprechung: Steht die Verletzung der Menschenwürde fest (z.B. in Fall der Nachahmung von Affenlauten, einer Formalbeleidigung oder Schmähung), findet keine Abwägung mit der Meinungsfreiheit statt.

BVerG, Beschluss vom 2.11.20, 1 BvR 2727/19