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Was ist an Karneval erlaubt? 13 Fragen & Fakten zur fünften Jahreszeit

Sport & Freizeit 9. Februar 2017
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© Christian Schwier / fotolia.com

Vom 11. 11. bis Aschermittwoch wird in den Karnevalshochburgen gefeiert, getanzt, geschunkelt, getrunken und herumgelärmt. Aber der närrische Ausnahmezustand findet nicht im rechtsfreien Raum statt – auch wenn das manche meinen.

Das gilt am Arbeitsplatz

Ich will feiern – muss ich mir Urlaub nehmen?

Selbst wenn für wahre Narren der Schmutzige Donnerstag, der Rosenmontag oder Faschingsdienstag als »hoher Feiertag« gilt, so sind diese Brauchtumstage doch normale Arbeitstage. Denn nur an gesetzlichen Feiertagen, die sich aus den Sonn- und Feiertagsgesetzen der Bundesländer ergeben, müssen Sie nicht arbeiten, erhalten aber trotzdem Ihre Vergütung. Für kirchliche Feiertage oder Brauchtumstage gilt das Gesetz jedoch nicht. Somit gilt: Wer freihaben möchte, muss bei seinem Arbeitgeber rechtzeitig einen Urlaubsantrag stellen.

Mitunter kann sich ein freier Tag an Fasching auch aus einer Regelung im Tarifvertrag ergeben. Prüfen Sie also dessen Inhalt. Oder Sie haben einen Anspruch darauf aus »betrieblicher Übung«. Denn hat ein Arbeitgeber in drei aufeinanderfolgenden Jahren freiwillig und vorbehaltlos bezahlten oder unbezahlten Urlaub an Karneval gewährt, kann er diesen nicht einfach wieder streichen.

Ausnahme: Der Urlaubstag wurde für die kommenden Jahre ausdrücklich unter Vorbehalt gewährt. Hier darf der Arbeitgeber den Sonderurlaub zu Karneval auch wieder streichen oder er darf aus dem bezahlten einen unbezahlten Urlaubstag machen (LAG Köln, Beschluss vom 17. 2. 2006, 6 Ta 76/06).

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Kann mein Chef mich zum Feiern verpflichten?

Das Direktionsrecht des Arbeitgebers kann auch die Vorbereitung einer närrischen Veranstaltung umfassen (z. B. Dekorationsarbeiten, Organisation der Bewirtung). Wer sich weigert, riskiert unter Umständen eine Abmahnung.

 Eine städtische Verwaltungsangestellte, die in Ausbildung ist und über ihre Aufgaben im Bereich »Stadtmarketing« aufgeklärt wurde, darf sich als Angehörige der Zeugen Jehovas nicht mit dem Verweis auf ihre Glaubens- und Gewissensfreiheit weigern, eine Fasnachtsfeier vorzubereiten. Ihre Teilnahme an den Fasnachtsveranstaltungen hatte der Arbeitgeber dabei nicht erwartet (ArbG Freiburg, Urteil vom 14. 1. 2010, 13 Ca 331/09).

Aber nicht alles, was Unternehmen an Karneval veranstalten, ist zwingend auch eine dienstliche Veranstaltung (z. B. wird ein »Faschingsfußballturnier« ausgerichtet). Verletzt sich dabei jemand, ist das nicht in jedem Fall als Arbeitsunfall zu bewerten (BSG, Urteil vom 22. 9. 2009, B 2U 27/08 R).

Krank nach den tollen Tagen?

Wer an Aschermittwoch einen Kater hat oder wer einen grippalen Infekt erwischt, darf sich krankmelden. Auch wenn die Folgen allzu wilden Feierns auf der Hand liegen, gilt: krank ist krank. Ausnahme nur im Extremfall: Wer sich planmäßig betrinkt, hat seine Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet. In diesem Fall ist der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ausgeschlossen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG).

Straßenkarneval & Veranstaltungen

Dürfen Krawatten abgeschnitten werden?

Als Brauchtum wird an »Weiberfasnacht«, dem Donnerstag vor Rosenmontag, in vielen Karnevalshochburgen den Herren die Krawatte abgeschnitten. Doch Sie sollten den Krawattenträger vorher fragen, ob er bereit ist, seinen Schlips zu opfern, andernfalls riskieren Sie eine Schadensersatzklage wegen Verletzung des Eigentums und müssen den Wert der Krawatte ersetzen (AG Essen, Urteil vom 3. 2. 1988, 20 C 691/87). Das Einverständnis dürfen Sie nicht einfach voraussetzen, selbst wenn Ihr Gegenüber mitfeiert oder gar weiß, dass das Abschneiden der Krawatte Brauch ist.

Mit »Wurfmaterial« getroffen: Kann ich Schadensersatz fordern?

Wer als Zuschauer einen Karnevalsumzug säumt und sich in »Wurfweite« am Straßenrand aufstellt, muss damit rechnen, dass mit Gegenständen geworfen wird (z. B. Bonbons, Schokolade, Blumen) und dass ein solcher auch mal unglücklich treffen kann und dabei zu einer Verletzung führt (z. B. Verlust eines Zahnes, Platzwunde, Augenverletzung).

Die Rechtsprechung ist hier streng: Wer sich ins Getümmel stürzt, willigt rechtlich gesehen »stillschweigend« in das damit verbundene Verletzungsrisiko ein. Wird er durch »Wurfmaterial« verletzt, kann er weder den Veranstalter noch den Werfer zur Verantwortung ziehen. In diesem Fall haften sie nicht und müssen weder Schadensersatz noch Schmerzensgeld leisten (AG Köln, Urteil vom 7. 1. 2011, 123 C 254/10).

Ausnahme: Die Verletzung wurde vorsätzlich verursacht. Doch das dürfte im närrischen Treiben schwer nachzuweisen sein (AG Aachen, Urteil vom 10. 11. 2005, 13 C 250/05).

Weitere Risiken am Umzugsweg

Wer während des laufenden Umzugs zwischen Gruppen und Motivwagen die Straßenseite wechseln möchte, muss grundsätzlich auf sich selbst aufpassen und ist für dabei entstehende Verletzungen eigenverantwortlich (AG Waldkirch, Urteil vom 25. 3. 1999, 1 C 12/99). Jedoch ist der Veranstalter verpflichtet, bestimmte Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um die Zuschauer zu schützen (z. B. müssen Fußgänger die Wagen begleiten, um zu verhindern, dass Zuschauer unter die Räder kommen). 

Bei einem Narrenumzug ist es regional durchaus üblich, aus einer Kanone Schüsse abzufeuern. Wer hierbei ein sogenanntes »Knalltrauma« erleidet, kann keinen anderen dafür in Haftung nehmen.

Stürze und andere Verletzungen

Zwar treffen den Veranstalter einer Fasnachtsveranstaltung bestimmte Verkehrssicherungspflichten, beispielsweise muss er für deren reibungslosen Verlauf sorgen (z. B. Sicherheitskonzept, Aufsicht).

Doch ungeachtet dieser Pflichten muss ein Besucher auf sich selbst aufpassen, um nicht in einem Pulk von Leuten auf einer Treppe zu stürzen, auf der Tanzfläche im Gedränge auszurutschen oder beim Tanzen von der Bierbank zu fallen. Dafür hat der Veranstalter in der Regel nicht einzustehen.

Er haftet auch nicht, wenn ein Besucher versehentlich ein Glas umstößt, das dabei zerbricht und eine dabei weggeschleuderte Glasscherbe einen Dritten verletzt (OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. 8. 2001, 22 U 26/01)

Wertgegenstände verloren: Wer haftet?

Wer nach einer langen Nacht und Besuchen in mehreren Kneipen mit einem Taxi nach Hause fährt und seine Jacke, in der sich auch der Autoschlüssel befindet, in einer der Gaststätten vergisst, haftet selbst für den Verlust.

Im Fall des Falles: Versicherungsschutz klären

Wer auf einer Karnevalsveranstaltung oder anlässlich eines Umzugs zu Schaden kommt, sollte sich gleichwohl erkundigen, ob Versicherungsschutz besteht: 

  • Veranstalter schließen häufig eine Veranstalter-Haftpflichtversicherung ab, um die Haftung aus der Leitung und Überwachung der Veranstaltung zu versichern.
  • An einem Umzug teilnehmende Karnevalsgesellschaften oder Zünfte verfügen in der Regel über eine Gruppenunfall- und Vereins-Haftpflichtversicherung. Damit sind die Zugteilnehmer gegen Schäden versichert, die bei Umzügen entstehen können.
  • Teilnehmende Reiter haben oft eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung, die einspringt, wenn das Pferd plötzlich ausschlägt und jemanden verletzt. Hier muss der Veranstalter allerdings dafür sorgen, dass ausschließlich »umzugsgeeignete« Pferde eingesetzt werden.
  • Verursacht ein Zuschauer einen Schaden, kommt dessen Privat-Haftpflicht auf.
  • Bei Unfällen, für die niemand haftbar gemacht werden kann, können Sie sich nur mit einer privaten Unfallversicherung schützen.

Smartlaw-Rechtstipp: Wer als Zuschauer an einem Umzug teilnimmt, sollte sich über das Brauchtum vor Ort informieren, um etwaige Risiken durch eigenes Verhalten möglichst auszuschließen (z. B. halten Sie sich die Ohren zu, wenn Sie sehen, dass Kanonen im Zug mitgeführt und abgefeuert werden).

Umzugs- & Partylärm

Zwar treten in der »fünften Jahreszeit« die geltenden Gesetze nicht außer Kraft. Doch an den »tollen Tagen« und in den dazugehörenden Nächten darf es auch mal etwas lauter werden. Die Rechtsprechung ist hier großzügig – und verlangt lärmgeplagten Bürgern mehr Toleranz ab.

Müssen Ruhezeiten trotzdem beachtet werden?

Die Ruhezeiten, welche von Ort zu Ort verschieden sind, spätestens aber ab 22.00 Uhr beginnen, gelten weiterhin. Lärm, der von traditionellen Karnevalsveranstaltungen ausgeht, muss aber grundsätzlich hingenommen werden – selbst dann, wenn er an sich »unzumutbar« ist. Vorausgesetzt, die Veranstaltung zählt zum kulturellen Brauchtum und hat eine erhebliche Bedeutung für das örtliche Gemeinschaftsleben (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. 2. 2004, 6 B 10279/04).

 Die Interessen der Nachbarn werden ausreichend berücksichtigt, wenn bis 24.00 Uhr Musik gemacht werden darf, falls der Tag nach der Veranstaltung arbeitsfrei ist. Ansonsten ist die Musik bis 22.00 Uhr zu begrenzen und die gesamte Veranstaltung um 24.00 Uhr zu beenden.

Während der Lärmpegel üblicherweise in reinen Wohngebieten nur 50 Dezibel, nachts sogar nur 35 Dezibel betragen darf, lässt der Gesetzgeber an besonderen Festtagen (z. B. Brauchtumstage mit Karnevalsumzügen) häufig 70 Dezibel zu. Bei Veranstaltungen von außergewöhnlicher Bedeutung darf der Geräuschpegel kurzzeitig auch höher liegen.

 Anwohner entlang einer traditionellen Umzugsstrecke müssen deshalb mit unvermeidlichem Lärm rechnen. Die Behörden müssen hier nicht aus Immissionsgesichtspunkten einschreiten (VG Frankfurt/Main, Beschluss vom 12. 2. 1999, 15 G 401/99 (V)) 

Bei Karnevalsumzügen, in Kneipen und auch bei privaten Faschingspartys muss insbesondere an den Hochtagen der »fünften Jahreszeit« (z. B. an Rosenmontag oder Karnevalsdienstag) ein erhöhter Lärmpegel hingenommen werden.

 Ein Kölner Gastwirt darf in der Rosenmontagsnacht die Stereoanlage auch mal voll aufdrehen. Dies stellt an den närrischen Tagen keine verbotene Lärmbelästigung dar (AG Köln, Urteil vom 4. 2. 1997, 532 Owi 183/96).

Jeck im Auto

An der Umzugsroute geparkt: Darf die Polzei mich abschleppen?

Die Polizei darf verbotswidrig im verkehrsberuhigten Innenstadtbereich abgestellte Fahrzeuge abschleppen, die entlang eines traditionellen Umzugsweges stehen (z. B. Rosenmontagsumzug). Dies gilt auch dann, wenn dem Halter keine konkrete Verkehrsbehinderung vorgeworfen werden kann (z. B. behindert das Auto am frühen Vormittag vor Umzugsbeginn noch niemanden konkret). Die Abschleppmaßnahme ist bereits gerechtfertigt, wenn in diesem Verkehrsbereich der Rosenmontagsumzug stattfindet und dann das Fahrzeug zu einer Behinderung wird. Die Abschleppkosten muss der Pkw-Halter bezahlen.

Wer entlang der Route parkt und abgeschleppt wird, kann sich auch nicht auf den Ausweis für Parkerleichterungen für Behinderte berufen – selbst dann nicht, wenn er sich mit dem Hinweis auf einen Arztbesuch rechtfertigt (VG Koblenz, Urteil vom 18. 1. 2010, 4 K 536/09).

Ein Gastwirt, der eine Karnevalsveranstaltung ausrichtet, kann für die Beschädigung eines vor seiner Kneipe geparkten Kfz durch seine Gäste verantwortlich gemacht werden. Ein Autofahrer muss nicht mit einer derartigen Veranstaltung rechnen, wenn er in Köln sein Fahrzeug abstellt (LG Köln, Urteil vom 10. 5. 1990, 34 S 272/89).

Darf ich kostümiert Auto fahren?

Sie dürfen sich grundsätzlich kostümiert hinters Steuer setzen und beispielsweise so zur Arbeit fahren, vorausgesetzt, dass die Verkehrssicherheit gewährleistet ist (§ 23 StVO). Ein Autofahrer muss dabei immer in der Lage sein, den Wagen sicher zu führen. Konkret: Sie dürfen als Autofahrer nicht in Ihrer Sicht behindert sein, Ihr Gehör darf nicht beeinträchtigt sein oder Ihre Verkleidung darf die Fahrtüchtigkeit nicht beeinträchtigen. 

 Sie dürfen keine Maske oder Augenklappe tragen. Gegen das Tragen einer Perücke spricht jedoch nichts, solange Ihnen die Sicht nicht durch lange Haarsträhnen über den Augen verstellt ist.

Das Fahren ohne oder mit ungeeigneten Schuhen verstößt zwar gegen keine gesetzliche Regelung. Gleichwohl sollten Sie vom Tragen überdimensionaler Clown-Schuhe hinterm Steuer absehen. Denn ob diese mit High Heels oder Flip-Flops rechtlich gleichzusetzen sind, ist fraglich (OLG Bamberg, Beschluss vom 4. 4. 2007, 3 Ss OWi 338/07).

Smartlaw-Rechtstipp: Verzichten Sie lieber auf Experimente hinterm Lenkrad und ziehen Sie Ihr Kostüm erst am Veranstaltungsort an. Denn kommt es aufgrund einer Maskierung zu einem Unfall, greift die Grundregel, wonach Sie sich als Verkehrsteilnehmer so zu verhalten haben, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird (§ 1 Abs. 2 StVO). Bei Verstoß drohen Ihnen ein saftiges Bußgeld, zivilrechtliche Haftungsansprüche und gegebenenfalls sogar strafrechtliche Konsequenzen. Zudem gilt: Verursachen Sie infolge eingeschränkter Sicht oder allzu närrischer Kleidung einen Unfall, riskieren Sie möglicherweise wegen grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz Ihren Versicherungsschutz.

In jedem Fall ohne Alkohol

Auch an Fasnacht müssen die Promillegrenzen im Straßenverkehr eingehalten werden. Wer angetrunken nach einer Veranstaltung oder einem Umzug fährt, riskiert nicht nur Punkte, sondern auch eine hohe Geldstrafe bis hin zu einer Haftstrafe.

Zwar kommt die Versicherung bei Alkohol am Steuer für den Schaden des Unfallopfers auf, doch grundsätzlich können Kfz-Haftpflichtversicherungen den Kfz-Fahrer in Regress nehmen, wenn dieser eine vertragliche Pflicht verletzt (§ 28 VVG). Der Versicherungsvertrag enthält dazu die sogenannte »Trunkenheitsklausel«.

Bei einer Trunkenheitsfahrt können hier bis zu € 5 000,– fällig werden, wenn der Fahrer betrunken einen Unfall verursacht und dadurch einen anderen geschädigt hat. Wie viel genau der betrunkene Fahrer an die Versicherung zurückzahlen muss, wird im Einzelfall geprüft.

Zudem kann die Versicherung den Kaskoschutz für das eigene Fahrzeug verwehren. Die Reparatur des eigenen Fahrzeugs muss der Fahrer dann selbst bezahlen.