Kamelritt mit Sturzfolgen – haftet der Kamelführer?
Eine 27-jährige Frau nahm gemeinsam mit ihrer Mutter an einem 1-stündigen Kamelausritt teil. Der Kamelführer lief zwischen den Kamelen. Er führte beide Tiere an einer Kette. Als einige Hunde mit ihren Haltern vorbeiliefen, hielt er die Kamele an. Als sie ihren Weg fortsetzten, erschreckte Hundegebell die Kamele, sie liefen nach vorne und vollführten eine abrupte Linkswendung. Die Reiterin fiel dabei aus einer Sitzhöhe von 1,87 m kopfüber zu Boden. Sie erlitt schwere Kopfverletzungen und ist seither in ihrer Erwerbstätigkeit als Ärztin erheblich eingeschränkt.
Das Oberlandesgericht Stuttgart sprach der verletzten Frau ein Schmerzensgeld in Höhe € 70.000, zu. Weiter bekam sie Ersatz für den Verdienstausfall für die Zeit nach dem Unfall in Höhe von rund € 21.000,-.
Für die Rechtslage in Deutschland gilt: Der Kameltreiber haftet aufgrund der sogenannten »Tierhalterhaftung« (§ 833 Satz 1BGB). Er ist vergleichbar mit einem Fahrzeuglenker für die Sicherheit der Reiterin verantwortlich, die das Kamel nicht selbst lenkte.
Der Kamelführer kann sich nicht auf das Haftungsprivileg als Tierhalter berufen (§ 833 Satz 2 BGB). Die Haftung entfällt in diesem Fällen, wenn der Tierhalter pflichtgemäßes Verhalten nachweisen kann. Doch zum einen handelt es sich bei Kamelen hierzulande nicht um Haus- und Nutztiere, was die entsprechende Vorschrift jedoch voraussetzt.
Zum andern hat der Kamelführer hier nicht die erforderliche Sorgfalt bei der Beaufsichtigung der Kamele walten lassen. Der hätte vielmehr jedes Tier an einer gesonderten Leine führen müssen, um bei Gefahr auf das jeweilige Tier einwirken zu können und um die Reiterin vor Gefahren zu schützen (z.B. bei einer Schreckreaktion der Kamele).
Die Frau trifft kein Mitverschulden. Der Kamelführer hatte vom Tragen eines Helmes abgeraten. Damit hat er besondere sorgfaltswidrig gehandelt.
OLG Stuttgart, Urteil vom 7.6.2018, 4 U 1455/17