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Mieter verstorben: Kein automatisches Sonderkündigungsrecht des Vermieters gegenüber geringverdienendem Lebenspartner

Mieten & Wohnen 22. November 2019
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kamasigns / stock.adobe.com

Wer mit einem Wohnungsmieter zusammenlebt, ohne selbst Mieter zu sein, darf grundsätzlich in der Wohnung bleiben. Der Vermieter hat aber ein Sonderkündigungsrecht, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein niedriges Einkommen reicht nicht.

Die Mieterin einer Dreizimmerwohnung war verstorben. Sie hatte die Wohnung mit ihrem Lebensgefährten bewohnt, der sich noch in einer Ausbildung befand und nicht Mieter der Wohnung war. Die monatliche Nettomiete betrug zuletzt 545 Euro plus Betriebskostenvorauszahlungen von ca.170 Euro monatlich. Nach dem Tod der Frau erklärte ihr Lebensgefährte, er wolle in das Mietverhältnis eintreten. Daraufhin kündigte der Vermieter den Mietvertrag. Dabei berief er sich auf § 563 Abs. 4 BGB, wonach es zulässig ist, außerordentlich zu kündigen, wenn in der Person des Bewohners ein wichtiger Grund zur Kündigung liegt. Zur Begründung gab er an, der Lebensgefährte der verstorbenen Mieterin sei wegen seines geringen Ausbildungsgehalts nicht in der Lage, die monatliche Miete aufzubringen.

Der Mieter widersprach der Kündigung. Er erklärte, er könne sehr wohl die Miete und Betriebskostenvorauszahlungen dauerhaft zahlen. Außerdem verlangte er die Zustimmung des Vermieters zu einer Untervermietung eines Teils der Wohnung an einen Arbeitskollegen. Dieser befinde sich ebenfalls im zweiten Ausbildungsjahr und beziehe ein Gehalt in gleicher Höhe. Die geplante Untervermietung habe den Vorteil, dass sich sein Arbeitskollege an der Miete und den Nebenkosten sowie an Fahrtkosten zur Arbeitsstelle beteiligen würde. Der Vermieter verweigerte die Zustimmung, so dass es zum Räumungsprozess kam. Die Sache ging bis zum Bundesgerichtshof.

Hier gab man dem Mieter recht. Denn eine drohende finanzielle Leistungsunfähigkeit eines nach dem Tod des ursprünglichen Mieters eingetretenen (neuen) Mieters komme nur in besonderen Ausnahmefällen als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Zwar dürfe der Vermieter grundsätzlich innerhalb eines Monats außerordentlich mit der gesetzlichen Frist kündigen, wenn in der Person des Eingetretenen ein wichtiger Grund vorliege. Dieser Grund müsse aber so schwerwiegend sein, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist. Und das sei erst bei einer objektiv feststehenden Unfähigkeit des (neuen) Mieters zur vollständigen oder pünktlichen Leistung der Miete der Fall. Feststellungen dazu gingen letztlich nur über eine Prognose, die naturgemäß mit Unwägbarkeiten zulasten des Mieters behaftet sei.

Deshalb müssten in derartigen Fällen konkrete Anhaltspunkte und objektive Umstände vorliegen, die den zuverlässigen Schluss zuließen, dass fällige Mietzahlungen alsbald ausbleiben werden. Solche Anhaltspunkte fehlten dann, wenn Geldquellen vorhanden sind, welche die ordnungsgemäßen Mietzahlungen sicherstellen würden (z.B. durch Untermietzahlungen, Unterstützung Verwandter, Nebentätigkeitsvergütungen oder vorhandenem Vermögen). Schließlich könne ein Vermieter, der mit einem von ihm selbst ausgewählten solventen Mieter einen unbefristeten Mietvertrag abschließe, Vertragsschluss nicht sicher sein, dass dessen finanzielle Leistungsfähigkeit dauerhaft besteht.

Hinzu kann hier, dass die Bitte um eine Untermieterlaubnis hier nicht einfach abgeschlagen werden durfte. Der Mieter hatte hier das hierzu erforderliche berechtigte Interesse vorgetragen.

(BGH, Urteil vom 31.1.2018, Az. VIII ZR 105/17)