Eigenbedarfskündigung auf Vorrat: Nutzungsabsicht muss hinreichend konkret sein
Im entschiedenen Fall hatte der Vermieter einer Einzimmerwohnung seiner Mieterin im April 2011 zum 31.1.2012 gekündigt. Zur Begründung teilte er ihr mit, die Wohnung werde „dringend“ benötigt, um seine pflegebedürftige, hochbetagte Mutter aufzunehmen. Diese lebte zu diesem Zeitpunkt allein in einem Einfamilienhaus. Es kam zum Räumungsprozess. Hier einigten sich die Parteien darauf, dass die Mieterin bis Ende August 2012 auszieht und bei einem fristgerechten Auszug 1.000 Euro erhalten soll.
Die Mieterin zog wie vereinbart im August 2012 aus. Wer nicht einzog, war die Mutter. Stattdessen stand die Wohnung leer. Im November 2014 verstarb die Mutter. Daraufhin ging die Ex-Mieterin erneut vor Gericht. Diesmal verklagte sie den Vermieter auf Schadensersatz in Höhe von 24.000 Euro wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs. Sie behauptete, dass die Mutter gar nicht vorhatte umzuziehen. Es sei vielmehr die Idee des Vermieters und seiner Geschwister gewesen, die Mutter „eventuell“ zu sich zu nehmen. Zudem sei die Mutter sehr wohl geistig noch in der Lage gewesen sei, selbst über einen Umzug zu entscheiden. Auch der zeitliche Ablauf zeige, dass der angeblich „dringende Eigenbedarf“ nicht bestanden habe.
Über all dies wurde allerdings in den unteren Instanzen kein Beweis erhoben. Stattdessen wurde die Klage der Frau abgewiesen und die Eigenbedarfskündigung als solche anerkannt. Erst vom Bundesgerichtshof bekam die Ex-Mieterin recht.
Ein berechtigter Eigenbedarf liegt laut den Karlsruher Richtern nämlich nicht vor, wenn die vom Vermieter benannte Eigenbedarfsperson gar nicht beabsichtigt, in die Wohnung einzuziehen. Danach sah es hier aber aus. So ist der zeitliche Ablauf der Ereignisse ein deutliches Indiz. Es sollte wohl erst die spätere Nutzung der Wohnung durch die Mutter zunächst vorbereitet und der Nutzungswunsch der Mutter danach geweckt werden. Das ist eine sogenannte Vorratskündigung, und die ist unzulässig. Für eine wirksame Eigenbedarfskündigung muss sich der Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson aber schon soweit „verdichtet“ haben, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht.
Hinzu kam hier, dass der Vermieter hier den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug der Mieterin nicht in die Tat umgesetzt hatte. Es lag deshalb der Verdacht nahe, es handele sich nur um einen vorgetäuschten Eigenbedarf. In diesem Fall muss der Vermieter zunächst plausibel darlegen, warum der angebliche Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Hieran sind strenge Anforderungen zu stellen. Den Behauptungen des Mieters einfach zu widersprechen, reicht jedenfalls nicht laut BGH.
Erst wenn die genannten Gründe des Vermieters wirklich nachvollziehbar sind, ist es Sache des Mieters zu beweisen, dass ein Selbstnutzungswille des Vermieters schon vorher nicht bestand. Schließlich hat der Mieter in derartigen Fällen keinen Einblick Eigenbedarfssituation auf der Vermieterseite und somit nur beschränkte Nachweismöglichkeiten.
(BGH, Beschluss vom 11.10.2016, Az. VIII ZR 300/15)