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Vertragsschluss im Online-Handel

E-Commerce 4. Oktober 2024
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Marima / stock.adobe.com

Für den Vertragsschluss im Online-Handel kommt der Vertrag über das Hauptprodukt bereits durch die Versendung der Gratisbeigabe zustande, auch wenn das Hauptprodukt noch nicht versendet wurde.

Ein Käufer verlangte vom Betreiber eines deutschen Online-Shops eines weltweit tätigen Elektronikkonzerns die Lieferung von neun Smartphones. Laut den AGB des Verkäufers liegt in einer Kundenbestellung über den Button »jetzt kaufen« ein bindendes Angebot zum Vertragsschluss eines Kaufvertrages. Die Auftragsbestätigung der Verkäuferin ist demnach noch keine Annahme dieses Angebots. Ein Vertragsschluss über den Kauf der Sache kommt laut AGB zustande, wenn der Verkäufer das bestellte Produkt an den Käufer versendet und dies mit einer Versandbestätigung bestätigt. Dabei bezieht sich der Vertrag nur auf die in der Versandbestätigung bestätigten oder gelieferten Produkte.

Durch einen sogenannten »Preisfehler« bot der Online-Händler Smartphones für € 92,– an. Der UVP für diese Produkte betrug € 1.099,–. Zeitgleich bot er bei Bestellungen bestimmte Kopfhörer als Gratisbeigabe an. Der Käufer bestellte im Rahmen von drei Bestellungen neun Smartphones sowie vier Gratis-Kopfhörer. Die Kaufpreise zahlte er umgehend. Noch im Laufe des Bestelltages änderte der Verkäufer den Angebotspreis auf € 928,–.

Zwei Tage nach den Bestellungen versandte er die vier Paar Kopfhörer an den Käufer und teilte dies jeweils per E-Mail mit. Knapp zwei Wochen später stornierte er die Bestellung unter Verweis auf einen gravierenden Preisfehler. Der Käufer bestand auf Lieferung und Übereignung der Smartphones.

Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main gab ihm recht. Zwischen den Parteien kamen Kaufverträge über insgesamt neun Smartphones zustande. In den automatisiert erstellten Bestellbestätigungen liegt zwar noch keine Annahmeerklärung, sondern allein die Bestätigung des Eingangs einer Bestellung. Mit der Übersendung der Gratis-Kopfhörer hat der Verkäufer jedoch den Antrag auf Abschluss eines Kaufvertrages auch in Bezug auf die in der jeweiligen Bestellung enthaltenen Smartphones angenommen.

Denn anders, als wenn in einer Bestellung mehrere kostenpflichtige Artikel zusammengefasst werden, war unbedingte Voraussetzung der kostenlosen Übersendung der Kopfhörer der Erwerb eines Smartphones. Zwischen dem Erwerb des Smartphones und der Übersendung der Kopfhörer bestand ein untrennbarer Zusammenhang.

Folge: Im Online-Handel kommt durch Versendung einer Gratisbeigabe (hier: Kopfhörer) auch der Kaufvertrag über das Hauptprodukt (hier: Smartphone) zustande. Trotz eines sogenannten »Preisfehlers« kann der Kunde die Lieferung von neuen Smartphones zu € 92,– statt € 1.099,– verlangen.

Der Verkäufer hatte hier mitgeteilt, dass sämtliche versprochenen Gratisbeigaben verschickt wurden. Nach Treu und Glauben ist das so zu verstehen, dass damit auch die Kaufverträge über die Smartphones bestätigt wurden.

Daran ändert auch die umgehende Preiskorrektur nichts. Ab diesem Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass der Händler den Preisfehler kannte. Dieser Fehler ist ihm insgesamt zuzurechnen.

OLG Frankfurt/Main, Beschluss vom 18.4.2024, 9 U 11/23