Kein Schadensersatz bei vorzeitigem Abbruch einer Mutter-Kind-Kur
Die Mutter von vier minderjährigen Kindern hatte von ihrer gesetzlichen Krankenversicherung eine dreiwöchige Mutter-Kind-Kur genehmigt bekommen. Die Frau hatte zudem ein Einladungsschreiben der Kurklinik erhalten, dem die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klinik beilagen. Darin hieß es unter dem Punkt „Vorzeitige Abreise (Kündigung), Schadensersatz“
„Tritt die Patientin, ohne medizinisch nachgewiesene Notwendigkeit, die Abreise vor Beendigung der Maßnahme an, so kann der Einrichtungsträger Ersatz für den erlittenen Schaden verlangen. Der Ersatzanspruch ist unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und möglichen anderweitigen Verwendungen pauschaliert und beträgt 80 % des Tagessatzes für jeden vorzeitig abgereisten Tag. Es bleibt der Patientin unbenommen, den Nachweis zu führen, dass kein oder ein geringerer Schaden entstanden ist.“
Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund sollte davon unberührt bleiben. Die Frau bestätigte durch ihre Unterschrift, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen erhalten zu haben und diese anzuerkennen. Beigefügte Fragebögen zur Vorbereitung der Therapie füllte sie aus und sandte diese – zusammen mit dem unterschriebenen Exemplar der Allgemeinen Geschäftsbedingungen – an die Klinik zurück.
Sie trat die bis zum 21.3.2018 vorgesehene Kur am 28.2. 2018 zusammen mit ihren vier Kindern an, brach sie jedoch 10 Tage vor dem regulären Ende ab. Die Klinik verlangte daraufhin von der Frau Schadensersatz in Höhe von € 3.011,-. Ohne Erfolg.
Der Bundesgerichtshof entschied letztinstanzlich, die Frau habe die Kur auch ohne besonderen Grund vorzeitig beenden dürfen. Der Vertrag über die Mutter-Kind-Kur sei nach seinem inhaltlichen Schwerpunkt ein Behandlungsvertrag und somit besonderes Dienstverhältnis. Das gebe der Patientin ein jederzeitiges Kündigungsrecht. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klinik seien insoweit unwirksam. Sie seien mit dem „freien“ und sanktionslosen Kündigungsrecht bei Diensten höherer Art unvereinbar.
BGH, Urteil vom 8.10. 2020, III ZR 80/20