Chefarzt-OP muss der Chefarzt selbst durchführen
Ein Mann vereinbarte für eine anstehende Operation an seiner linken Hand ausdrücklich „Chefarztbehandlung“. Im Vorfeld wurde er dementsprechend auch vom Chefarzt untersucht. Entgegen der getroffenen Vereinbarung wurde der anschließende Eingriff aber nicht vom Chefarzt selbst, sondern vom stellvertretenden Oberarzt vorgenommen.
Obwohl der Oberarzt den Eingriff fehlerfrei durchführte, kam es nach dem Eingriff zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen an der operierten Hand. In der Folge bestand der Mann daher auf der Zahlung eines Schmerzensgeldes. Der Arzt verwies ihn auf die korrekte Durchführung der Operation. Zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen wäre es auch gekommen, wenn der Chefarzt operiert hätte.
Die Richter am Bundesgerichtshof sahen dies anders. Erklärt ein Patient ausdrücklich, sich nur von einem bestimmten Arzt operieren zu lassen, darf kein anderer Arzt den Eingriff vornehmen. Soll ein anderer Arzt an seine Stelle treten, muss der Patient rechtzeitig darüber aufgeklärt werden. Andernfalls ist der Eingriff rechtswidrig. Denn es fehlt die wirksame Einwilligung des Patienten in die Operation durch diesen Arzt.
Nach dem Grundgesetz hat jeder Mensch ein Recht auf körperliche Integrität und darf über seinen Körper selbst bestimmen. Über dieses Selbstbestimmungsrecht darf sich kein Arzt „selbstherrlich hinwegsetzen“.
Hat der Patient also nicht darin eingewilligt, dass ihn auch der Oberarzt operieren kann, liegt keine Einwilligung für den Eingriff (durch den Oberarzt) vor. Damit ist die Operation rechtswidrig und Arzt und Klinik haften grundsätzlich für Schäden, die durch den rechtswidrigen Eingriff entstehen.
Das Vertrauen des Patienten in die Integrität des Arztes ist unbedingt zu schützen – insbesondere angesichts der besonderen Bedeutung, die die körperliche Unversehrtheit und das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper für den einzelnen haben. Ob der Eingriff selbst fehlerfrei durchgeführt wurde, darf dabei keine Rolle spielen. Sonst bliebe am Ende ein rechtswidriger Eingriff in die körperliche Integrität des Patienten ohne Sanktion.
BGH, Urteil vom 19.07.2016, Az. VI ZR 75/15.
Wollen Sie ausschließlich vom Chefarzt operiert werden, genügt es in der Regel nicht, eine sogenannte „Wahlleistungsvereinbarung“ mit der Klinik zu treffen. Denn in den Standard-Verträgen vieler Kliniken ist eine Vertreterregelung ausdrücklich enthalten. Bringen Sie daher Ihren Wunsch klar und deutlich zum Ausdruck und vereinbaren vertraglich, wer Sie operieren darf.
Lesen Sie hierzu auch unseren Rechtstipp »Ihre Rechte als Patient«.