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Eigenbedarfskündigung: Eigene Wohnung für das Au-pair darf sein

Mieten & Wohnen 14. Juni 2021
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Evdoha / stock.adobe.com

Auch für ein Au-pair darf eine Eigenbedarfskündigung ausgesprochen, wenn berufstätige Eltern mehrerer Kinder ihre vermietete Wohnung brauchen, um die Familienhilfskraft in der Nähe der eigenen Wohnung unterzubringen. So das AG München.

Der Vermieter einer 2016 erworbenen Wohnung hatte der Mieterin, die seit 2002 in der Wohnung lebt, zum 31.8.2020 wegen Eigenbedarfs  gekündigt. Der Vermieter wohnt bislang noch mit seiner berufstätigen Ehefrau und drei Kindern, von denen zwei die Grundschule besuchen und eines erst ein Jahr alt ist, in einer Eigentumswohnung. Die liegt ca. 700 Meter von der vermieteten Wohnung entfernt. Er begründete die Kündigung damit, dass er und seine Frau zum 1.9.2020 ein Au-pair einstellen und in der gekündigten Wohnung unterbringen wollten. In ihrer eigenen Wohnung, die aus einem Elternschlafzimmer, drei Kinderzimmern, einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche sowie Bad und einem Büro bestehe, gebe es keine Unterbringungsmöglichkeit für das Au-pair.

Die gekündigte Mieterin sah das anders. Das  Au-pair könne genauso gut in einer in vergleichbarer Distanz anzumietenden Wohnung untergebracht werden. Sie selbst gelte mit einem ein Grad der Behinderung von 60 als schwerbehindert. Hinzu komme, dass sie Hartz-IV-Leistungen bezieht, weshalb sie auf dem freien Wohnungsmarkt chancenlos sei. Sie habe sich um Ersatzwohnraum bemüht. Auch drohe eine Verschlechterung ihres mittelgradigen depressiven Syndroms. All das nützte der Frau nichts.

Das Amtsgericht München urteilte,  die Frau des Klägers  könne nur mithilfe eines Au-pairs ihrem Beruf wieder nachgehen. Es sei nicht erforderlich, dass das Bedürfnis für die Hilfskraft bereits bei Ausspruch der Kündigung besteht. Es reiche, dass aufgrund äußerer Umstände mit einiger Sicherheit damit gerechnet werden muss, dass der Vermieter die Dienste in naher Zukunft für seine Lebensführung benötigt.

Auch die Argumentation der Mieterin, dass aufgrund des jungen Alters der Kinder, gerade des kleinsten, diese kein eigenes Zimmer benötigen, überzeugte das Gericht nicht. Die Raumaufteilung innerhalb der eigenen Wohnung sei allein Sache des Vermieters und seiner Familie. Würde man verlangen, dass ein Au-pair stets im selben Haus oder derselben Wohnung lebt wie die Gastfamilie, hätte das eine Schlechterstellung von Familien zur Folge, die kinderreich sind aber über kein Haus verfügen, sondern in einer Wohnung leben. Ihnen wäre die Anstellung und Unterbringung eines Au-pairs praktisch verwehrt.

Aufgrund des vorgelegten Attestes stand zudem fest, dass die Mieterin nicht so krank war wie vorgegeben. Auch die Tatsache, dass sie zu 60 % schwerbehindert ist, reichte dem Gericht hier nicht, um die Kündigung für unwirksam zu erklären. Selbst die "vergebliche Ersatzwohnraumsuche" reichte dem Gericht nicht.  Die Mieterin habe fast ausschließlich nur im zentralsten Innenstadtbereich und nur in besonders beliebten Vierteln nach Ersatzwohnraum gesucht.

AG München, Urteil vom 12.1.2021, 473 C 11647/20