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Fluggesellschaft haftet auch bei Flugausfall wegen Streik

Reisen & Urlaub 10. Januar 2019
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Animaflora PicsStock / stock.adobe.com

Ein Streik gilt nicht pauschal als »außergewöhnlicher Umstand«, der eine Airline im Fall der Flugannullierung von ihrer Entschädigungspflicht befreit (z.B. bei Streik der Passagierkontrolle, sodass nicht alle Passagiere den Flug erreichen).

Ein Ehepaar wollte im Februar 2015 von Hamburg nach Lanzarote fliegen. Es fand sich am Abflugtag frühmorgens am Flughafen ein, passierte mehrere Stunden vor dem Abflug die Kontrollen und wartete reisefertig am Gate.

Doch die Fluggesellschaft easyJet annullierte den Flug wegen eines Streiks an den Sicherheitskontrollen des Flughafens. Das Flugzeug wurde ohne mitreisende Passagiere auf die Insel geflogen.

Die gestrandeten Passagiere verlangten eine Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastverordnung. Diese beträgt bei einer Flugstrecke über 1.500 km € 400,- pro Fluggast.

Die Airline berief sich auf »außergewöhnliche Umstände« und lehnte die Entschädigung für den annullierten Flug ab. Ein Streik bei den Sicherheitskontrollen befreie sie von der Verpflichtung, eine Ausgleichszahlung zu leisten. Es habe ein Sicherheitsrisiko bestanden, weil an den wenigen geöffneten Schleusen der Sicherheitskontrolle wegen des starken Andrangs an Reisenden möglicherweise nicht alle mit der nötigen Sorgfalt kontrolliert worden seien.

Der Bundesgerichtshof stellte fest: Zwar müssen Airline bei Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" grundsätzlich keine Entschädigungen bei Flugausfällen zahlen. Doch ein Streit eignet sich nicht als "Pauschal-Begründung", sich der Verantwortung zu entziehen. Ein "außergewöhnlicher Umstand" setzt nach der EU-Fluggastrechteverordnung vielmehr voraus, dass sich die Folgen des Ausstands nicht mit zumutbaren Maßnahmen abwenden lassen und diese Folgen die Absage des Flugs notwendig machen.

Dass eine gewisse Anzahl an Passagieren den gebuchten Flug verpasst, weil sie sich aufgrund der Streikmaßnahmen nicht rechtzeitig zum Boarding einfinden kann, zwingt die Fluggesellschaft nicht dazu, die Verbindung ganz zu streichen. Sofern es keinen kompletten Ausfall bei der Personenkontrolle gibt und sich Fluggäste am Gate befinden, ist die Annullierung nicht gerechtfertigt. Diese kommt nur in Betracht, wenn sich wegen der Verzögerungen bei der Kontrolle kein einziger Fluggast rechtzeitig zum Boarding einfindet.

Die Fluggesellschaft kann sich auch nicht auf ein lediglich abstraktes (Sicherheits-)Risiko für den Flug berufen, weil die Überprüfung der Fluggäste wegen des starken Andrangs an nur wenigen Kontrollstellen nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt worden sein könnte. Eine konkrete Gefahr für den Flugverkehr konnte sie nicht nachweisen. Zudem ist die Kontrolle von Fluggästen und deren Gepäck Sache der zuständigen Luftsicherheitsbehörde und der zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben bestellten Personen.

Fazit: Eine Ausgleichszahlung für Flugpassagiere ist somit zu leisten, wenn der Flug annulliert wurde, weil die Passagierkontrollen am Flughafen bestreikt wurden und deshalb nicht alle Passagiere den Flug erreichen konnten.

BGH, Urteil vom 4.9.2018, X ZR 111/17