Reservierungsvereinbarung bei Immobilienkauf nur mit notarieller Beurkundung wirksam
Ein Münchner wollte seine Berliner Einzimmer-Eigentumswohnung zum Preis von 141.000 Euro verkaufen. Tatsächlich fand er in München einen Interessenten für das Objekt. Nach den ersten Verkaufsgesprächen unterzeichneten der Interessent und seine Ehefrau im Mai 2015 eine Reservierungsvereinbarung mit folgendem Wortlaut:
"Der Kaufpreis beträgt 140.740 Euro. Darüber hinaus ist vom Käufer bei Kaufvertragsabschluss eine Provision an die Firmen Bauplanungs GmbH, Berlin, und Immobilienbüro, Berlin, in Höhe von insgesamt 7,14 % inklusive gesetzlicher Mehrwertsteuer, somit 10.049 Euro zu bezahlen. Dem Käufer ist bekannt, dass eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen dem Verkäufer und der Firma Bauplanungs GmbH besteht. [...] Sollte der notarielle Kaufvertrag aus Gründen, die der Käufer zu vertreten hat, zwischen den Parteien nicht zustande kommen, so steht der Betrag entsprechend Ziff. 3 als pauschalierter Schadensersatz dem Verkäufer zu."
Der Interessent und seine Ehefrau zahlten die Reservierungsgebühr in Höhe von 3.000 Euro an den Eigentümer. Aus dem Kaufvertrag wurde aber nichts. Die Vertragsverhandlungen scheiterten am endgültigen Kaufpreis, über den man sich nicht einigen konnte. Allerdings lehnte der Eigentümer auch die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ab. Er vertrat die Meinung, dass es sich um eine individuelle Vereinbarung handele, der Kaufinteressent würde dadurch nicht unangemessen benachteiligt.
Beim Amtsgericht München war man anderer Meinung. Die zuständige Richterin verurteilte den Eigentümer auf Rückzahlung der Reservierungsgebühr. Das Gericht hielt die Reservierungsvereinbarung wegen Formnichtigkeit für unwirksam. Es sei keine notarielle Beurkundung erfolgt. Der Beurkundungszwang solle die Parteien aber gerade auf die Bedeutung des Geschäfts hinweisen und vor dem Eingehen übereilter Verpflichtungen schützen (Warnfunktion). Zudem solle eine sachkundige Beratung der Parteien sicherstellen (Beratungsfunktion). Ein Kaufvertrag über eine Immobilie und eine in diesem Zusammenhang geschlossene Reservierungsvereinbarung würden eine rechtliche Einheit bilden. Schließlich werde die Vereinbarung im Hinblick auf einen späteren Kaufvertrag getroffen.
Hinzu komme hier, dass unabhängig vom Zweck des Beurkundungszwangs die Beurkundung in jedem Fall dann erfolgen muss, wenn das in der Vereinbarung versprochene Vertragsstrafe 10 bis 15 Prozent der vereinbarten Provision übersteigt. Der Formzwang gelte nämlich gerade für Verträge, mit denen ein mittelbarer Zwang ausgeübt werde, die reservierte Immobilie zu erwerben.
Im konkreten Fall lag die Reservierungsgebühr immerhin bei 29,7 Prozent der Maklerprovision. Die maßgeblichen Grenzwerte waren damit weit überschritten. Durch die Vertragsstrafenvereinbarung werde der Kaufinteressent im Ergebnis mittelbar zum Kaufvertragsabschluss gedrängt. Die vereinbarte Reservierungsgebühr war auch deshalb unwirksam, weil sie eine erfolgsunabhängige Vergütung sichern sollte, ohne dass dieser Leistung keine gleichwertige Leistung gegenüber stand.
(AG München, Urteil vom 1.7.2016, Az. 191 C 28518/15)