In schmalen Straßen müssen Mülltonnen zum Sammelplatz
Die Straßen der Altstadt des Städtchens Biedenkopfs sind sehr schmal. Die Müllfahrzeuge können diese Straßen nicht befahren. In der Vergangenheit hatten die Mitarbeiter des Entsorgungsunternehmens die Tonnen aus der Straße geholt, zum Müllfahrzeug gebracht, geleert und wieder zurückgestellt.
Mit Wirkung zum 1.1.2018 wurden Anwohner der betroffenen Straßen durch eine Anordnung des Müllabfuhrzweckverbandes Biedenkopf verpflichtet, ihre Mülltonnen am Vorabend der Müllabfuhr selbst in einem vorgegebenen Bereich bereitzustellen – also sie in rund 75 m bis 110 m Entfernung von den Wohnhäusern auf einen Sammelplatz zu schieben.
Mit der Änderung der bisherigen Praxis wollten sich die Anlieger nicht abfinden und griffen die Anordnung an. Sie beriefen sich auf persönliche Härte und Vertrauensschutz. Ohne Erfolg.
Das Verwaltungsgericht Gießen entschied: Angesichts der besonderen örtlichen Begebenheiten in der Altstadt (hier: extrem schmale Straßen), dürfen die Anwohner verpflichtet werden, die Mülltonnen künftig selbst zum Sammelplatz zu bringen und zur Leerung bereitzustellen.
Eine Änderung der bisherigen jahrelangen Praxis (hier: Abholung durch das Entsorgungsunternehmen) ist zulässig. Der bisherige Service war teuer. Die Mehrkosten dafür gingen zu Lasten der übrigen Gebührenzahler, was nicht im öffentlichen Interesse liegt.
Die Anordnung ist zumutbar. Der Weg (d.h. die Entfernung zum Sammelplatz) sowie der damit verbundene Aufwand sind nicht unverhältnismäßig. Auch die Nachteile der betroffenen Anwohner durch die Neuregelung sind gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer reibungslosen Abfallentsorgung nachrangig.
Dem Entsorgungsunternehmen darf kein besonderer Mehraufwand aufgebürdet werden. Es ist insbesondere nicht verpflichtet, kleinere Müllfahrzeuge bereitzustellen, um in die Altstadtgassen einfahren zu können.
VG Gießen, Beschluss vom 5.1.2019, 8 L 5537/18.GI u.a.